woensdag 27 februari 2008

Der zweite Mann

25.02.2008, 17:36

Von Annette Ramelsberger, Berlin

Der Ex-Bankmitarbeiter Heinrich Kieber hat dem BND die spektakulären Liechtensteiner Kontodaten geliefert. Aber es gibt wohl noch eine weitere Quelle.

Der Mann hieß einmal Heinrich Kieber, bevor er sich dem Bundesnachrichtendienst (BND) anvertraute und für seine brisanten Informationen 4,2 Millionen Euro und eine neue Identität im Ausland erhielt. Er ist jetzt 42 Jahre alt, stammt aus Liechtenstein und arbeitete bis 2002 bei der LGT-Bank in Vaduz. Das darf als gesichert gelten - alles andere aber bleibt unklar.

Auch wenn mittlerweile die Mutter und die Schwester des möglichen BND-Informanten aufgespürt sind, auch, wenn jetzt seine früheren Nachbarn aus dem Dorf Mauren auf den "Landesverräter" schimpfen und auch wenn das Haus bekannt ist, in dem er lebte - in Wirklichkeit weiß selbst die Bundesregierung nicht, ob es wirklich die Daten dieses Heinrich Kieber sind, mit denen die Staatsanwaltschaft Bochum nun deutsche Steuersünder jagt. Oder ob es noch jemand ganz anderen gibt, der den Staatsanwälten sein Wissen zur Verfügung stellte.

Was sicher ist: Auf der DVD, die der BND an die Steuerfahnder weitergab, sind nur Daten bis zum Jahr 2002. Das ist der Zeitpunkt, zu dem Kieber bei der LGT-Bank ausschied. Die deutschen Steuerfahnder legen den Verdächtigen jedoch Unterlagen vor, die bis ins Jahr 2005 reichen. War Kieber also doch nicht die Quelle? Wird er nur in die Öffentlichkeit gestellt, um einen anderen Zugang zu verschleiern?

"Es muss eine zweite Quelle geben", sagt ein Berliner Geheimdienstexperte. Doch diese Quelle kommt offenbar nicht aus den Beständen des BND. Dort weiß man nichts von einem zweiten Informanten. Möglicherweise hat sich der zweite Mann aber direkt an die Steuerfahnder gewandt - zu erfahren ist dazu nichts. Oder er wandte sich an das Bundeskriminalamt, das ebenfalls über Daten aus Liechtenstein verfügt. Das könnte ermittelt und einen Informanten gefunden haben, der aktuellere Daten hat als Kieber. "Aber wir führen gar kein Ermittlungsverfahren", sagt ein BKA-Sprecher zu dieser Variante und weist sie damit zurück.

Mittlerweile hat die LGT-Bank in aller Breite über ihren ehemaligen Mitarbeiter Kieber informiert: Bis dazu, dass man ihm die Wohnung und den Anwalt bezahlt hat, damit er mit den gestohlenen DVDs aus dem Ausland zurückkommt. Er kam auch und wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, allerdings sofort begnadigt und musste nie ins Gefängnis.

"Gehütet wie der heilige Gral"
Die intensive Berichterstattung über Heinrich Kieber hat erhebliche Verstimmung zwischen den Sicherheitsbehörden ausgelöst. Im Kanzleramt sieht man einen eklatanten Verstoß gegen die Regeln des Geschäfts, wonach nie über eine Quelle gesprochen wird - auch nicht nach getaner Arbeit. Doch am Montag standen alle Einzelheiten zu Kieber in den Magazinen Spiegel und Focus, Berichte über Treffen mit BND-Agenten, dazu Bilder des Mannes. Es sah aus, als hätte da jemand sein Dossier ausgebreitet. "Von uns kommen die Informationen nicht", heißt es beim BND. In Berlin denkt man eher an andere Behörden.

"Noch nie wurde so viel und so weitgehend über mögliche Quellen gesprochen", sagt der Geheimdienstbeauftragte im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche. "Das ist verheerend, das wird sonst gehütet wie der heilige Gral. Das schadet der Arbeit der Nachrichtendienste nachhaltig." Möglicherweise steht sogar das Vertrauensverhältnis der Sicherheitsbehörden auf dem Spiel. ,,Es muss darüber gesprochen werden, wie vertrauensvoll die Zusammenarbeit zwischen den Behörden in Zukunft noch laufen kann‘‘, sagt Fritsche.

(SZ vom 26.2.2008)

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