zondag 10 augustus 2008

Plastiktüte mit Brisanz

Neue Daten aus Liechtenstein - 04.08.2008, 18:34

Ermittlungen gegen deutsche Steuersünder

Dreckig, unaufrichtig, vulgär

Die Landesbank spielte mit und verhandelte monatelang auf eigene Faust und ohne die Polizei einzuschalten mit dem Erpresser. Sie bot ihm unter anderem eine lebenslange Rente. Immer wieder traf sich ein LLB-Vorstandsmitglied mit Lampert, dem dabei die Sprengkraft des Materials in seinen Koffern bewusst geworden sein muss. Von Treffen zu Treffen schraubte er seine Forderungen nach oben auf zuletzt 18 Millionen Schweizer Franken.

Polizei-Aktion im Ausflugslokal

Das war selbst den großzügigen LLB-Verantwortlichen zu viel. Eine anständige Bank lässt sich schließlich nicht erpressen. Sie rief die Polizei, die Lampert am 8. Mai 2003 in einer filmreifen Aktion in einem Ausflugslokal überwältigte. 2003 wurde er wegen teils versuchter, teils vollendeter Erpressung zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Inzwischen wurden weitere sechs Jahre draufgelegt.

Im Nachhinein erwies es sich als Verhängnis, dass Liechtenstein so klein ist. Das Fürstentum verfügt nur über ein Untersuchungsgefängnis und hat keinen ordentlichen Knast. Lampert landete im österreichischen Garsten hinter Gittern, wo er offenbar mit den entsprechenden Kreisen in Kontakt kam. Die Neue Zürcher Zeitung am Sonntag spekulierte neulich, Lampert habe womöglich "die brisanten Kundendaten einem aus dem Gefängnis heraus operierenden Verbrechersyndikat verkauft".

Eine Mutmaßung. Sicher ist, dass die Unterlagen irgendwie in die Hände des nunmehr in Rostock angeklagten Freitag gelangten. Der wusste mit den sensiblen Daten gleich etwas anzufangen. Er spielte Klingelmännchen für Erwachsene. Freitag besuchte mit einem Komplicen deutsche LLB-Kunden, zeigte ihnen ihre Kontoauszüge und verabschiedete sich wieder. Ihm war klar, dass die Kunden gleich bei der Bank anrufen würden. Die LLB reagierte erwartungsgemäß und hochprofessionell.

Ein Züricher Anwalt traf sich im Auftrag der Bank in Hamburg mit einem Vertreter der Wirtschaftsdetektei Espo, die auch ehemalige Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) beschäftigt. Profis eben. Im Juni 2005 kamen zwei der Detektive in Lübeck mit Freitag zusammen, den sie, wenn sie unter sich waren, nur "Glatze" nannten. "Glatze" Freitag war begeistert. Die kapierten, wie es laufen musste. Natürlich habe er alle Unterlagen und natürlich sei er auch zu vielem Bösen bereit. Ein guter Anwalt habe neulich mal einen Bremer Finanzbeamten gefragt, ob der an solchem Material interessiert sei: "Brennend".

Ware gegen Geld

Also beschloss die LLB, das Geschäft nach den Regeln des Kapitalismus zu regeln: Ware gegen Geld. In insgesamt drei Tranchen sollten 13 Millionen Euro an Freitag gezahlt und gegen alle Kundendaten getauscht werden. 7,5 Millionen Schweizer Franken betrug die erste, vier Millionen Euro die zweite Tranche. Zwei Drittel der Daten wurden übergeben. Der letzte Teil des Geschäfts sollte im Sommer 2009 abgewickelt werden. Die Bank wusste, dass mit Freitag nicht zu spaßen war. Bei einer Zeugenvernehmung sagte später ein LLB-Geldmanager, es sei wichtig gewesen, "dass eine endgültige Regelung gefunden wurde". Auch Lampert sollte einen Teil der Zahlungen erhalten.

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