von Karin Baltisberger und Beat Michel | 23:32 | 21.02.2008
BELLACH SO – Tausend deutsche Steuersünder haben mit ihm ein Hühnchen zu rupfen. Doch wo ist der Steuer-Verräter? Heinrich Kieber hat Spuren gelegt nach Australien und in die USA. BLICK fand sein Versteck – im Solothurnischen.
Heinrich Kieber (44) – für seine Bekannten einfach Henry. Und von denen gibt es viele in Liechtenstein. Denn der Schwadroneur und Teilzeitabwart war bekannt wie ein bunter Hund.
Alle hat er vollgeschwatzt mit seinem Traum von Australien. Und dort vermuteten sie ihn auch, als er 2005 plötzlich von der Bildfläche verschwand.
Doch in Wahrheit zog Henry zu seiner Schwester nach Bellach SO. Die Mutter lebt ganz in der Nähe.
Ausser seine Bekannten würde das niemanden interessieren. Doch dann wird Kieber zum Steuer-Verräter. Und jetzt jagen ihn die Liechtensteiner Behörden. Und die LGT Treuhand.
Die Ländle-Behörden verdächtigen Kieber, dass er bei seinem ehemaligen Arbeitgeber LGT Daten von Steuersündern klaute – und das Material für 4,2 Millionen Euro an den deutschen Nachrichtendienst verkaufte (im BLICK).
In Bellach lässt es sich Henry Kieber eine Weile gut gehen. Wie schon im Fürstentum schnorrt er sich auch dort durch. Träumt weiter laut von seinem Leben in Australien. «Gearbeitet hat er nichts», erzählt ein Nachbar.
Dann reist Kieber tatsächlich nach Down Under. «Nach drei Monaten war er wieder da. Er hätte sich das ganz anders vorgestellt», sagt sein Nachbar.
Vor einem halben Jahr sehen die Bellacher Henry zum letzten Mal. Doch das heisst nichts.
Am Mittwoch machen Nachbarn eine seltsame Beobachtung bei Henrys Schwester. «Zwei zivile Beamte kamen in Autos mit deutschen Kennzeichen und suchten nach Henry», erzählt eine Nachbarin. Sie finden ihn nicht.
Eine andere Nachbarin weiss aber: Die Schwester steht in Kontakt mit Henry. Per E-Mail. Gegenüber BLICK will sie keine Auskunft geben: «Ich habe Angst, dass mein Bruder so endet wie Christoph Meili.» Meili habe die Akten von Juden gerettet und jetzt sitze er alleine in Amerika (siehe Box). Ein ähnlich trauriges Schicksal will sie ihrem Henry ersparen.
Und seine Mutter weiss angeblich nicht, wo ihr Sohn ist. «Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.» Von Henrys Vater ist sie geschieden.
Noch immer rätseln die Behörden, wie Kieber an die Kundendaten rankam. Bei der LGT Treuhand arbeitete er von 2001 bis 2002. «Er hat uns erzählt, er sei Spanisch-Übersetzer», sagen Freunde.
Doch ein ehemaliger Nachbar aus Vaduz spricht Klartext: «Er war ein Ausläufer, verteilte die Post und erledigte kleine Dinge.» Hatte er da Zugriff auf die Steuerdaten? Seinem Nachbarn erzählt er kaum etwas von seiner Arbeit.
Henry ist viel mehr an den anderen Menschen interessiert – sehr interessiert. «Ich hatte immer ein komisches Gefühl bei ihm», sagt die selbständige Übersetzerin E.G.* Henry habe sie über ihre Arbeit ausgefragt, für welche Kunden sie arbeite und solche Dinge. «Ich merkte dann, dass jemand meine Post öffnete und wieder zuklebte.»
Das macht ihr Angst, denn E.G. übersetzt wichtige Unterlagen für Treuhänder und andere Firmen. «Ich habe Henry nie erwischt, aber ich bin sicher, er wars – nachdem er auszog, hörte es auf.» Sie hält es für möglich, dass Henry auch bei ihr Steuerdaten ausspionierte.
Auch in Vaduz glauben alle, dass Henry sich in Australien sonnt. Vielleicht legte er bewusst überall falsche Fährten. BLICK weiss, Kieber hinterliess eine Adresse in Los Angeles.
Nach Liechtenstein und Deutschland jedenfalls sollte Henry sich nicht mehr wagen. Dort haben zu viele ein Hühnchen mit ihm zu rupfen.
*Namen der Redaktion bekannt
maandag 10 maart 2008
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