Steuerfahndung 10.03.08 Aus FOCUS Nr. 11 (2008)
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BND-Informant Heinrich Kieber ist zurückgekehrt – und stellt neue Forderungen an den Geheimdienst
Von den FOCUS-Korrespondenten Hubert Gude und Kayhan Özgenc, FOCUS-Redakteur Josef Hufelschulte und FOCUS-Redakteurin Tanja Treser
BND-Informant kein Betrüger Eigentlich lief es bisher recht gut für den Datendieb aus Liechtenstein: Der Bundesnachrichtendienst (BND) machte Heinrich Kieber nicht nur zum Millionär – als Gegenleistung für Kontodetails der vermögenden Steuerflüchtlinge bei der Liechtensteiner LGT-Bank. Zusätzlich zu den 4,2 Millionen Euro erhielt der Ex-Bankangestellte von den Geheimen zwei neue Pässe mit Aliasnamen. Alles ganz legal.
Glücklich und zufrieden lebt der Informant trotzdem nicht. Kieber hat sich nach FOCUS-Informationen beim BND zurückgemeldet. Etliche Anrufe und E-Mails des aus Australien nach Europa zurückgekehrten Kieber haben den BND aufgeschreckt. Der Auslandsgeheimdienst, dem es nicht gelang, die wahre Identität Kiebers zu schützen, müht sich, den 42-Jährigen im Zaum zu halten. „Ihr gefährdet mein Leben“, hatte der Informant seinem Agentenführer am Telefon vorgeworfen. Dabei gefährdet sich Kieber mit der Kontaktaufnahme selbst – und bricht zudem alle Regeln der Spionagekaste.
Die Quelle hat Angst und verlangt jetzt „ultimativ“ eine weitere Identität vom BND, um damit eventuell in Südame-rika unterzutauchen. Der Geheimdienst lehnte vorerst ab.
Der erneute Auftritt des Informanten fügt sich zu einem weiteren Kapitel in einem der größten deutschen Steuer-skandale, der unter anderem Post-Chef Klaus Zumwinkel seinen Job kostete. Kaum ein Tag ohne Durchsuchungen der Steuerfahnder oder neue Selbstanzeigen – immerhin 125 bis vergangenen Donnerstag. Viele Steuersünder pokern und zittern aber noch. Dabei könnten auch sie auf jener DVD mit Daten zu mehr als 900 Stiftungen auftauchen, die Kieber bei der LGT entwendet hatte.
Der Fall ist auch in politischer Hinsicht brisant. Die Bundesregierung setzte das Fürstentum massiv unter Druck und forderte schärfere Gesetze gegen Steuerhinterziehung. Erbprinz Alois, amtierendes Staatsoberhaupt des Fürstentums, konterte und warf der Bundesregierung vor, „Hehlerei im großen Stil“ zu betreiben. Schließlich hatte Kieber die Daten gestohlen.
Derzeit bangt die Fürstenfamilie nach FOCUS-Recherchen vor allem um ihr Vermögen in Deutschland. Die LGT unterhält Bankfilialen unter anderem in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Mannheim und München. Der deutsche Staat könnte diese Werte, so die Befürchtung, im Wege der Vermögensabschöpfung beschlagnahmen („arrestieren“).
Als Entlastungsangriff plant das Staatsoberhaupt daher ein weit reichendes Friedensangebot: Liechtenstein will sichbereit erklären, auch die Stiftungseinkünfte von Deutschen zu besteuern – und dieses Geld anonym, aber komplett an den hiesigen Fiskus abzuführen. Insgesamt kalkulieren die Finanzverwalter des Fürstentums mit einem jährlichen Volumen zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro.
Mit der Offerte, so die Hoffnung der international in Bedrängnis geratenen Liechtensteiner, könnten sie das umstrittene Stiftungsmodell retten. Erbprinz Alois will sein Angebot den Deutschen demnächst unterbreiten.
Fürstliches Angebot
Auch für Stiftungen will Liechtenstein künftig Quellensteuer erheben und an Deutschland abführen. In die Kassen des deutschen Fiskus fließen demnach jährlich bis zu 1 Milliarde Euro.
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